Am 25.9.2020 wurde die langjährige Schauspielerin des Volkstheaters Rostock Ehrenmitglied des Hauses. Neben dem Intendanten und den Kollegen beglückwünschte auch der Förderverein die Künstlerin.
Hier die Laudatio von Antje Jonas:
Sehr geehrte, hoch verehrte, liebe Petra Gorr!
Nach dieser charmanten und unterhaltsamen Vorstellung, in der Sie Hildegard Knef verkörpert, dargestellt, gespielt und besungen haben, regnet es nun noch einmal Rosen, Rosen diesmal nur für Sie, die von uns allen seit Jahrzehnten geliebte Schauspielerin. Sie werden heute Abend in den Kreis der Ehrenmitglieder des Volkstheaters Rostock aufgenommen. Wir, die Freunde und Förderer des Volkstheaters, gratulieren Ihnen zu dieser Ehrenbezeigung des Theaters, das damit Ihre große Leistung als Schauspielerin würdigt. Sie treten prominent ein in die Theatergeschichte unserer Stadt! Wir Theaterfreunde möchten uns heute von Ihnen als von einem Publikumsliebling verabschieden. Mit 42 Rosen für 42 Jahre großen leidenschaftlichen Engagements als Schauspielerin am Volkstheater Rostock!
Wir haben uns vor wenigen Tagen auf einen Kaffee getroffen, denn ich hatte Fragen an Sie, Fragen zur Kunst des Schauspielens, Fragen zu diesem besonderen Beruf, der heute durch die Flut an Filmen, durch die mediale Präsenz im dauerhaften Rampenlicht steht, von einem Schein umgeben ist, der den Kern der Sache sehr wahrscheinlich nicht trifft.
Ihr Credo, so habe ich Sie verstanden, kreiste all die Bühnenjahre hindurch um den Begriff des Handwerks des Schauspielers. Dieses sei zu erlernen, dieses müsse bei der Erarbeitung einer jeden Rolle vorhanden sein, müsse sich zeigen, sich erweitern. Sie haben mehr als 240 Rollen gespielt, ganz unterschiedliche; große und kleine; sehr gemocht haben sie die Boulevardstücke, denn da ging und geht es immer in besonderer Weise darum, pointiert zu sprechen, pointiert zu spielen, Pausen richtig zu setzen, Brüche und Vorgänge zu erkennen, eben sein Handwerk zu beherrschen. Sie haben gleichermaßen auch gern in den „Seelenstücken“ gespielt, so Ihre Bezeichnung von Texten und Rollen, die mit der Darstellung großer seelischer Konflikte daherkamen. Von Begabung und Glück, davon sprachen Sie auch. Ohne Talent und glückhafte Zufälle wäre der Beruf nicht möglich gewesen, wäre Ihr künstlerischer Weg so nicht verlaufen.
Einfühlung in die Figuren oder distanzierte Darstellung von Theaterfiguren, Stanislawski oder Brecht, das ist noch immer eine große Frage der Schauspieltheorie, -geschichte und vor allem der Ausbildungs- und Inszenierungspraxis. Sie haben immer beides gewollt und geboten, haben Ihre Figuren immer als aus Fleisch und Blut, als beseelt und bühnenbodenständig dargestellt. Sie waren als Petra Gorr und als Figur gleichermaßen anwesend, stimmlich, physisch, persönlich. So haben wir, die Zuschauer, Ihre Menschendarstellung auch erlebt: als real, reell, gut ausbalanciert, in genauem Zusammenspiel mit den anderen auf der Bühne, leichtfüßig und kraftvoll, geerdet, authentisch.
Das, so sagten Sie mir, sei das Anstrengende am Beruf der Schauspielerin: die Figur, die man verkörpern möchte, in die eigene Person einzulassen, ihr Platz einzuräumen in der eigenen Seele; sie im Probenprozess aufzubauen, mit ihr zu leben; erst nach der Premiere könne man sie wieder etwas von sich, der eigenen Person, weghalten. Dieses Doppelleben sei phantastisch und anstrengend zugleich. Das Schöne am Beruf, ganz klar, sei der Applaus. Die ersten Jahre, so schilderten Sie es, habe Sie nach einem langen Applaus ganz oft ein unvergleichliches Gefühl getragen, über Tage hinweg, das Ihnen Tränen in die Augen trieb, das Gefühl, das die Zuschauer gemocht haben, was Sie gezeigt hatten, dass die Botschaft und die Ästhetik verstanden worden waren. Nun, nach 42 Jahren, reagieren Sie, so erzählten Sie, in mancherlei Hinsicht gelassener, erfahrungsgesättigt.
42 Jahre an einem Haus zu arbeiten, über 240 Rollen gespielt zu haben, Kollegin gewesen zu sein unter 16 Intendanten, das alles war und ist etwas Großes, sehr Besonderes: Ein Leben für das Rostocker Theater! Wir, die Zuschauer, danken Ihnen für diese lange gemeinsame Zeit, danken Ihnen für die unzählbaren Momente des Kunstgenusses, danken Ihnen, liebe Petra Gorr, hier und jetzt mit einem herzlichen Applaus! Bleiben Sie gesund und spielen Sie bitte auch in den kommenden Jahren noch auf der Bühne des Volkstheaters, uns zur Freude und zum seelenaufhellenden Genuss.
Im Namen aller Vereinsmitglieder
Antje Jonas
Vorsitzende der „Freunde und Förderer Volkstheater Rostock e.V.“