In den letzten Wochen entwickelte sich in der OZ ein erneuter Meinungsstreit über den Sinn und Nutzen des geplanten Theaterneubaus in Rostock.
Viele Vereinsmitglieder äußerten sich entsetzt und verärgert über die Infragestellung des Neubaus und schrieben Ihre Meinung direkt an die Ostsee-Zeitung.
Stellvertretend für die eingereichten Zuschriften veröffentlichen wir an dieser Stelle den Leserbrief unseres Ehrenvorsitzenden Dr. Albert Rupprecht und bedanken uns gleichzeitig bei den Mitgliedern, die sich zu Wort gemeldet hatten:
Nur mit Lippenbekenntnissen wird 2025 kein Theater-Neubau in Rostock fertig sein.
Realistische Finanzierungsmodelle vorlegen.
Rostocker ehrlicher informieren.Was gegenwärtig von der OZ als Meinungsäußerungen zum Theater-Neubau initiiert wurde, ist die 13. (!!!) öffentliche Befragung der OZ seit dem 1. Beschluss der Bürgerschaft 1992 zum Theater-Neubau. Einen Theater-Neubau haben wir bis heute nicht und es zeichnet sich auch kein realistischer Termin ab. Willensbekundungen Rostocker Bürger seit 1992 für einen zeitgemäßen Neubau des im Krieg zerstörten Theaters am Rosengarten liegen ausreichend vor, u. a. 3 Bürgerschaftsbeschlüsse, 5 direkte Unterschriftssammlungen Rostocker Bürger mit bis zu 60.000 Willensbekundungen pro Unterschriftsammlung, 5 beauftragte städtebauliche Wettbewerbe, 16 Entwürfe und Projekte und 17 öffentliche Foren zum Theater-Neubau. Finanzierungsmodelle für den Theater-Neubau hat die Stadtverwaltung in den zurückliegenden 26 Jahren nicht vorgelegt. Begründet wurde dies mit der Rostocker Haushaltssituation. Vergleichbare Kommunen aus den neuen Bundesländern, u. a. Erfurt, Potsdam, Magdeburg, die viel schwierigere Haushaltsituationen aufwiesen, realisierten ihre Theater-Neubauten überwiegend mit Fördermitteln (!!) des Landes, des Bundes und der EU. Sie benötigten jeweils Zeiträume von 8 bis 11 Jahren nach Klarheit über die Finanzierung.
Wir konnten uns bei unseren Besuchen von ihren Theaterneubauten überzeugen. Unverständlicherweise hat die ausstehende Finanzierung für den Theater-Neubau die Rostocker Stadtverwaltung nicht davon abgehalten, den Rostockern noch bis vor 3 Jahren die Eröffnung der 800 Jahrfeier der Stadt im Juni 2018 in einem neuen Theatergebäude zu verkünden. OB Roland Methling hat die Eröffnung des neuen Theaters 2018 zweimal zum Bestandteil seiner OB-Kandidatur gemacht. In derartigen irrealen Versprechen liegt eine der Ursachen für die Skepsis der Rostocker in Sachen Theater-Neubau.
Leider muss man feststellen, dass die nicht stattgefundene Festveranstaltung zur 800-Jahrfeier 2018 in einem Theater-Neubau bisher nicht zur Ehrlichkeit gegenüber den Rostockern in Sachen Theater-Neubau und zu einem Umdenken in Sachen Finanzierung geführt hat. Zunächst wurde den Rostockern lakonisch mitgeteilt, dass sich die Kosten für den Theater-Neubau auf 103 Millionen Euro erhöhen werden, ohne das begründet wird, was für ein Theater entstehen soll. Die Rostocker wurden bis jetzt wieder nicht informiert: Wird nur ein Solitär für ein „Stadttheater“ in der jetzigen Ensemblegrößenordnung mit 4 Sparten gebaut, was lediglich für Theater- und Konzerte abendlich öffnet, dann sind die kritischen Bemerkungen von Herrn Jan-Hendrick Brincker zur Höhe der geplanten Kosten zutreffend. Oder soll die langjährige Forderung der Rostocker nach einem „Theater Haus“ mit Spielstätten für Theater, Konzerte, freie Theater, Kabarettveranstaltungen und für Ausstellungen, Lesungen u. ä., welches ganztägig Besuchern offensteht, verwirklicht werden. Klare Informationen was für ein Theater-Neubau konzipiert ist, hätte m. E. erneute Diskussionen und den Frust vieler Rostocker vermieden.
In Sachen Finanzierung ist leider gegenwärtig, außer dass seitens der Stadtverwaltung mündliche Zusagen des Landes für Fördermittel wiederholt und „Finanzierungseinwerbungen“ bei benachbarten Kommunen diskutiert werden, zumindest unter den Rostockern nichts bekannt, zumal einsetzbare Fördermittel des Landes und des Bundes für andere Rostocker Vorhaben verplant sind. Trotz fehlender klarer Finanzierungsaussagen wird schon wieder die Fertigstellung des Theater-Neubaus zur Eröffnung der BUGA im Jahre 2025 verkündet. Eine Bewerbung Rostocks als Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2025 mit einem neuen Theatergebäude konnte wohl gerade noch vermieden werden.
Was sind die aktuellen Informationsbedürfnisse der Rostocker in Sachen Theater-Neubau? Als erstes muss seitens der Stadtverwaltung die fragile Finanzierungssituation für den Theater-Neubau beendet werden. Für den Theater-Neubau müssen Prioritäten hinsichtlich des Einsatzes der Fördermittel seitens des Landes, des Bundes und der EU gesetzt werden. Mit einem „Nebenbei“ zu allen anderen geplanten Vorhaben wird kein Theater-Neubau finanziert werden können. Die Rostocker sollten informiert werden, was für ein „Theaterhaus“ mit welchen Bildungs- und Erlebnismöglichkeiten gebaut werden soll. Es muss eine ganztägige Öffnung und Nutzung für die Rostocker beinhalten. Das Volkstheater sollte beauftragt werden, sein Theater- und Konzertangebot mit dem angestrebten Theater-Neubau und das Marketingkonzept zur Erhöhung der Besucherzahlen und der Eigeneinnahmen in die Öffentlichkeit zu bringen. Umfassende und ehrliche Informationen in den o. g. Zusammenhängen an die Rostocker würden künftige „Meinungsäußerungen“ zur Notwendigkeit eines Theater-Neubaus überflüssig machen.
Dr. Albert Rupprecht