Der 8. Februar 1991 war zweifellos ein ganz besonderer Tag. Die Historie dieses Tages vermerkt internationale Ereignisse, so etwa ein Experiment mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Japan oder die Verlegung eines Bundeswehrgeschwaders in die Türkei. Doch weitaus wichtiger scheint, was am 8. Februar 1991 sich zutrug in einer mittelgroßen Stadt, nur wenige Kilometer von der Ostsee entfernt. Rostocker Bürger gründeten sich zur Ehre und dem Theater zum Wohlgefallen einen Verein, unseren Verein! Das Datum war weise gewählt. Berühmte Geburtstagskinder wie der Schauspieler Manfred Krug oder die Maler Paula Modersohn-Becker und Franz Marc feierten und feiern mit uns! Die Geburt des Theaterfördervereins aus dem Geist des kunstsinnigen Ehrenamtes stand durchaus unter einem guten Stern, sie vollzog sich im Zeichen des Wassermannes! Alle Wassermänner aber gelten als sehr unternehmungslustig und kontaktfreudig, sie haben eine idealistische Ader und lieben ihre Unabhängigkeit. Sie agieren erfinderisch, wenn es darum geht, Ziele zu erreichen, die wichtig und richtig erscheinen.
Lieber Theaterförderverein! Du feierst heute deinen 25. Geburtstag. Den Kinderschuhen bist du damit entwachsen. Mit 25 Jahren giltst du als ein erwachsener Verein, und zugleich bist du jung, entschlossen und tatkräftig genug, das Leben in großen Schritten auszumessen, das Theaterleben, das Vereinsleben.
Das hast du getan, so hältst du es bis heute. Dafür haben die Gründungsmitglieder gesorgt und nach diesen sehr viele Rostockerinnen und Rostocker und sogar manch einer, der aus der Ferne seine Unterstützung anbot. Du kannst stolz sein auf deine Mitglieder!
Liebe Vereinsmitglieder! Ich ändere nun die Perspektive, denn der Verein wäre nur eine Form, wenn Sie nicht für den Inhalt gesorgt hätten und unverändert sorgen! Daher sind natürlich Sie die eigentlichen Adressaten meiner Laudatio. Sie können stolz sein, wir alle können stolz sein auf das, was wir im Verein in einem halben halben Jahrhundert erreicht haben.
Erinnern Sie sich an die Unterschriftenaktion im Jahr 2001, als 65.000 Rostocker sich für den Erhalt des Theaters einsetzten? Initiator- war der Theaterförderverein.
Erinnern Sie sich an die Jahre 2002 bis 2004, in denen die Skulptur auf dem Theatervorplatz errichtet wurde? Dreitausend Menschen kamen damals, um das silbern glänzende Theaterspiel in Augenschein zu nehmen. Der Verein hatte sich darüber hinaus außerordentlich engagiert bei der Neugestaltung und Sanierung des Treppenhauses, der Foyers und der Fassade des Großen Hauses. Wir staunen heute über die unglaubliche Summe von 194.000 Euro, die damals für all die Sanierungen und Anschaffungen an Geld- und Sachleistungen aufgebracht wurden. Anders als heute spendeten Firmen aus Rostock und Umgebung große Summen Geldes für die Verschönerung unseres Volkstheaters.
Wir können stolz sein auf unser Vereinsleben. Wer zählt all die Veranstaltungen „Künstler direkt“ bzw. „Theater direkt“, wer zählt die Mitgliederbriefe, die Versammlungen, all die Exkursionen? Wie viele Vereinsmitglieder und interessierte Rostockerinnen und Rostocker haben daran teilgenommen, Hunderte? Tausende! Unser Theaterbus fuhr nach Potsdam und Dessau, nach Erfurt und Bremen, nach Meiningen und Leipzig, nach Stettin und Lübeck. Zu den besonderen Veranstaltungen gehörten sicher die drei Autorenlesungen mit Inge und Walter Jens; auch einen Theologieprofessor und einen Opernpsychoanalytiker begrüßten wir als Referenten.
Wir begleiten das Volkstheater Rostock seit 25 Jahren. Ob der Kinderchor der Singakademie, ob Sommerfest oder Theaterjugendklub, ob Premierenfeiern oder Spendenboxen oder neuer Teppich, ob Weihnachtsfeier oder Benefizkonzert, die Liste all dessen, was von uns initiiert und/oder finanziert wurde, ist sehr lang.
Erinnern Sie sich an die beiden Ausstellungen 2005 und 2008? Es ging seinerzeit um den Standort für einen Neubau, es ging um den Kulturstandort Rostock. Unser Engagement war groß und gut durchdacht, aufgenommen wurde es von der Kulturpolitik der Stadt nicht.
Zur Erfolgsgeschichte unseres Vereins gehören schließlich auch die vielfältigen Kontakte – zu den Medien, zu den Kommunalpolitikern, zu den Theaterleuten natürlich und zur Freien Kultur der Stadt. Wie viele Begegnungen, Gespräche, Diskussionen über Gott und die Welt der Kunst verdanken wir alle diesen Kontakten. Viele, die meisten dieser Begegnungen haben diejenigen, die daran teilnahmen, klüger gemacht, bereichert und inspiriert.
Der Blick streift die Gegenwart: Die politisch verursachte Krise, in die sich unser Theater immer noch und immer wieder gestellt sieht, dauert an. Einen Standortbeschluss gibt es zwar nun nach vielen Jahren der Diskussion. Der Theaterneubau aber scheint nach wie vor in weiter Ferne; das jetzige Theater steht vor einem Umbau, der den Verlust von zwei Sparten bedeuten könnte. Das Jahr 2015 geriet daher für den Verein zu einem Protest- und Demonstrationsjahr. Wir Theaterförderer zeigten dem Kultusminister die Rote Karte. Wir schrieben Offene Briefe, sammelten Unterschriften, fuhren mehrfach nach Schwerin. Doch die Bilanz unseres Eintretens für ein Vier-Sparten-Haus fällt ernüchternd aus. Der Bildungsminister, der Oberbürgermeister und Teile der Rostocker Bürgerschaft spielen ihr eigenes Spiel und stehen dabei mit dem Rücken zur Stadtgesellschaft. Und auch im Theater gibt es bedauernswerterweise diskussionswürdige Konflikte, die die Lage zusätzlich verschärft haben. Wir sehen das, wir kommentieren das, wir bleiben dennoch unverändert als großer Kulturverein der Stadt eine laute Stimme, die für die Regiopole Rostock eine kulturelle Entwicklung einfordert, die für ein ganzes Vier-Sparten-Theater kämpft. Wir sind ein kampferprobter Verein, wir sind ein kampagnenfähiger Verein!
Also versagen wir uns heute und auch weiterhin jegliche Resignation und bewahren den uns eigenen Idealismus, das uns eigene Kommunikationstalent und unsere Kreativität. Wir gehen weiter ins Theater, wir kämpfen weiter, wir feiern weiter, wir reisen weiter und bleiben unverändert die jungen und jung gebliebenen Freunde und Förderer des Volkstheaters Rostock!
Auf das Volkstheater Rostock! Auf unseren Theaterförderverein!
(verlesen auf der Mitgliederversammlung am 31.März 2016)