Sehr geehrte Damen und Herren der Rostocker Bürgerschaft!
Eine besondere Woche geht zu Ende.
Sie haben als gewählte Volksvertreter einen Beschluss herbeigeführt, der die Fortsetzung der Arbeit des Intendanten des Volkstheaters Rostock ermöglicht.
Diesen Beschluss wertet der Theaterförderverein als ein respektables Zeichen demokratischer Gesinnung und Meinungsbildung im Rostocker Stadtparlament.
Sie haben die Demonstrationen, die Briefe vieler Rostockerinnen und Rostocker, die Veröffentlichung der durchaus unterschiedlichen Meinungen durch die Ostsee-Zeitung nicht ignoriert, sondern auf ihren Inhalt überprüft.
In der Gemeinschaft der aktiv gewordenen Bürger haben Sie einen durchaus lebendigen und kämpferisch verfassten Teil der Rostocker Stadtgesellschaft erleben können, der sich für ein öffentliches Gut, nicht für privat oder finanziell motivierte Eigeninteressen eingesetzt hat.
Sicher haben Sie anerkennend festgestellt, dass diese Rostocker ihren kulturellen Anspruch an ihre Stadt ohne Polizeieinsatz, dafür aber mit vielen klugen Überlegungen, durchaus starken Emotionen und einigem persönlichen Engagement formuliert haben.
Rostock hat Formen lebendiger Demokratie erlebt, den Streit unterschiedlicher Meinungen und Ansichten und dessen Beendigung mit einem konstruktiven Ergebnis.
Nun brauchen vermutlich alle Beteiligten etwas Ruhe, um mit zeitlichem und emotionalem Abstand einen Rückblick auf die vergangenen Tage und Wochen vorzunehmen und nach vorn zu blicken.
Für uns als Verein bedeutet dies, dass wir dem Volkstheater Rostock gemäß unserer Satzung und unseren Kapazitäten weiterhin zur Seite stehen werden.
Darüber hinaus sind wir bereit, unsere Ideen und unsere ehrenamtliche Kraft für einen innerstädtischen Prozess zur Verbesserung der Kommunikation und Atmosphäre einzubringen.
Im Hinblick auf den Stadtgeburtstag in drei Jahren sollte es gelingen, die kulturelle Identität der Stadt zu entwickeln und deren Ausstrahlung zu ermöglichen. Wenn Rostock wirklich eine historische und kulturelle Ausstrahlung entfalten und sich anlässlich des Stadtgeburtstages auch überregional darstellen will, dann sollten wir uns nicht zufrieden geben mit dem schon Erreichten. Die Kunsthalle, Sie wissen es, ist heute wieder Teil der kulturellen Ausstrahlung unserer Stadt. Das Engagement lag seinerzeit in den Händen eines Rostocker Zahnarztes. Privatpersonen aber können letztlich nicht dauerhaft leisten, was eine Stadtgemeinschaft leisten kann, Diskussion über Inhalte, Qualität und Vorgehensweise inbegriffen.
Die Olympiabewerbung hat es gezeigt- Rostock fehlt die internationale Bekanntheit als Stadt des Segelns oder als Stadt großer Kultur, großer Architektur usw. Auch die eigene Stadtgeschichte ist der derzeitigen Stadtbevölkerung kaum bekannt. Die Traditionen wie die der Hanse und der Universität, der Kirche und der Schifffahrt sowie des Theaters werden von einzelnen kleinen Personengruppen gepflegt, im Bewusstsein der Rostocker sind diese Traditionen nicht verankert.
Wir möchten Ihnen daher vorschlagen, einen innerstädtischen Dialog zu kreieren, der von möglichst vielen Rostockern angenommen werden kann. Davon könnten die Atmosphäre im öffentlichen Raum sowie die Vorbereitung auf das Stadtjubiläum gleichermaßen profitieren.
Mit hochachtungsvollen Grüßen
Im Namen des Vorstandes
Antje Jonas